Mobiles WundASS im Netzwerk Diabetischer Fuß
Projektleiter: Dr. Dirk Hochlenert, Facharzt für Innere Medizin, Diabetologe DDG, Centrum für Integrierte Diabetestherapie GmbH, Köln
Die Behandlung eines Diabetischen Fußsyndroms (DFS), einer Folgeerkrankung des Diabetes mellitus, erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit vieler verschiedener Berufsgruppen. Ziel ist es, durch eine intensive ambulante Versorgung Amputationen zu vermeiden. Am besten gelingt dies, wenn die beteiligten Spezialisten koordiniert zusammenarbeiten. In der Region Nordrhein haben sich dazu seit 2002 flächendeckend regionale Netzwerke gebildet. Die Wundversorgung übernimmt der ambulante Hauptbehandler, meist ein Diabetologe, der in einer Fußambulanz ansässig ist. Einer zunehmenden Zahl von meist älteren Menschen mit DFS fällt es jedoch schwer, die Fußambulanzen zu erreichen. „Um in diesen Fällen Krankentransporte zu den Einrichtungen zu vermeiden, die für die Betroffenen eine zusätzliche Belastung darstellen, haben wir 2012 in der Region Nordrhein das neuartige Versorgungskonzept ‚Mobiles WundASS‘ ins Leben gerufen“, berichtet der Diabetologe Dr. Dirk Hochlenert.
Ambulante Wundversorgung in häuslicher Umgebung
Bei diesem Konzept übernehmen speziell ausgebildete mobile Wundassistenten, die sogenannten „WundASSe“ die Versorgung der Wunden. Diese Hausbesuche gehen weit über einfache Verbandswechsel hinaus und erfolgen in der Regel alle 14 Tage. Dabei sind die Wundassistenten mit Smartphone, Kamera und elektronischem Endgerät ausgerüstet, durch die sie schnell eine Verbindung zur Praxis herstellen und den Arzt konsultieren können. Der behandelnde Arzt kann so direkt über den aktuellen Stand der Versorgung informiert werden. „Durch die Bildübertragung ist es möglich, dem WundASS unmittelbar eine Hilfestellung bei der Behandlung zu geben und Fragen des Patienten durch den Arzt zu beantworten“, erklärt Hochlenert.
Bei den Hausbesuchen kann so die Wundbehandlung ähnlich intensiv wie in der Fußambulanz sein. Aufwändige Krankentransporte lassen sich zudem einsparen und stationäre Aufenthalte in Krankenhäusern reduzieren. Ein weiteres Plus: Viele Patienten tragen multiresistente Erreger. Werden sie in der häuslichen Umgebung versorgt, lässt sich das Risiko einer Keimverbreitung eindämmen. Besuche in der Fußambulanz sind nur noch einmal pro Quartal sowie bei besonderen Problemen notwendig.
Gemeinsame Weiterbildung
Die Weiterbildung zum „Mobilen WundASS“ erfolgt gemeinsam mit dem delegierenden Arzt. „Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Kurs sind eine Ausbildung zum Wundassistent DDG und eine dreijährige Erfahrung in dieser Funktion in den Praxisräumen“, betont Hochlenert. Ausrichter des Kurses ist das Centrum für Integrierte Diabetestherapie (CID), das von Ärzten des Netzwerkes gegründet wurde und zu dessen Team auch der Kölner Diabetologe gehört.
Abrechnung über Krankenkassen
Von den 70 ambulanten Einrichtungen innerhalb der Netzwerke in der Region Nordrhein haben 24 Einrichtungen Kurse für die delegierte Wundassistenz besucht. Die Abrechnung der ambulanten telemedizinisch unterstützten Wundversorgung verläuft extrabudgetär über Strukturverträge, die mit verschiedenen Krankenkassen geschlossen wurden. „Da die Gegenrechnung auf der Einsparung von Krankentransporten basiert, ist die Immobilität der Betroffenen Voraussetzung für die Abrechnung der Leistung“, stellt Hochlenert heraus.
Insgesamt gab es zwischen April 2012 und Juni 2015 1.765 Hausbesuche, das bedeutet durchschnittlich 441 Besuche pro Jahr. „Die Resonanz auf das Konzept ist sehr positiv“, berichtet der Diabetologe. „Sowohl die Betroffenen als auch die Pflegenden sind mit der ambulanten Form der Wundversorgung sehr zufrieden. Die Patientinnen und Patienten freuen sich, dass sie zu Hause in gewohnter Umgebung betreut werden können.“
Vorbildliche Nutzung vorhandener Strukturen
In der Kategorie Verbesserung der Versorgung wird das Projekt „Mobiles WundASS im Netzwerk Diabetischer Fuß“ mit dem SilverStar Förderpreis 2016 ausgezeichnet und mit 10.000 EUR gefördert. Die Jury lobt den Signalcharakter, den das Projekt damit aussendet, die Versorgung einer großen Anzahl unterversorgter Patientinnen und Patienten mit DFS zu verbessern. „Vorbildlich ist dabei, dass vorhandene Gegebenheiten genutzt werden und das Konzept in der Region Nordrhein flächendeckend implementiert wurde“, hebt Jurymitglied PD Dr. Matthias Frank, Neunkirchen, hervor. Positiv bewertet wird, dass die ambulante Behandlung in der häuslichen Umgebung auch der großen Herausforderung einer zunehmenden Anzahl von Menschen mit multiresistenten Erregern begegnet. Die Gefahr der Verbreitung der Keime wird dadurch eingedämmt.
Mit dem Preisgeld sollen die telemedizinischen Möglichkeiten innerhalb des Projektes weiter ausgebaut werden. Geplant ist, einen Teilbetrag für den Aufbau eines interaktiven Internet-Blogs zu nutzen. Damit soll das Wissen, das sich im Netzwerk aus der Zusammenführung der Kompetenzen vieler Menschen aus unterschiedlichen beruflichen Hintergründen ergeben hat, besser verfügbar gemacht werden.
Ansprechpartner Projekt:
Dr. Dirk Hochlenert
Tel.: 0221/13995368
E-Mail: