Individualisierte Sketchnotes: Erste-Hilfe-Diabetesberatung
Projektleiterin: Marlen Harms, Diabetesberaterin DDG (und Diabetestherapeutin, B.Sc. FH Rheine), Bad Essen
Wird ein Diabetes mellitus diagnostiziert, müssen sich die Betroffenen nicht nur erstmals mit der Krankheit auseinandersetzen, sondern auch möglichst rasch lernen, mit ihr umzugehen. Doch die Diabetesbehandlung ist vielschichtig: Blutzucker messen, Insulin spritzen oder das Vermeiden von Hypoglykämien – das sind Themen, mit denen die meisten Menschen nach der Diagnose das erste Mal in Berührung kommen. Können zum Beispiel ältere Patienten aufgrund verminderter kognitiver Fähigkeiten oder aber auch Betroffene mit ungenügenden Deutschkenntnissen der Beratung zum Diabetesmanagement nicht gut folgen, erschwert das die Lage zusätzlich.
Bilder sagen mehr als Worte und bleiben im Kopf
Die in Kliniken tätige Diabetesberaterin Marlen Harms aus Bad Essen hat speziell für diese Situationen illustrierte Anleitungen, sogenannte „Sketchnotes zur ‚Ersten-Hilfe-Diabetesberatung‘“, entwickelt. Mit den Skizzen visualisiert sie während der Beratung die Erklärungen, wie z.B. zum Blutzuckermessen. Die Abbildungen sind handlungsweisend und einfach zu verstehen. So gelingt es Harms, den Patientinnen und Patienten die Grundprinzipien der Diabetesbehandlung nahe zu bringen. Schritt für Schritt erklären die Skizzen, worauf es beim Blutzuckermessen oder Insulinspritzen ankommt. Welchen Zielwert gilt es zu erreichen? Wie muss das Insulin geschwenkt und an welcher Stelle sollte es appliziert werden? Wie verhalte ich mich bei einer drohenden Hypoglykämie? All das stellen die Sketchnotes anschaulich dar. Während der Beratung werden die Illustrationen durch individuelle Notizen ergänzt, so dass sie schließlich passgenau auf den zu beratenden Menschen abgestimmt sind. „Auch Angehörige lassen sich mit Hilfe der gezeichneten Anleitungen sehr gut in die Beratung einbeziehen“, berichtet die Diabetesberaterin. „So können sie im Alltag zu wertvollen Unterstützern einer effektiven Diabetesbehandlung werden.“
Als erste Hilfe vor der strukturierten Schulung
Ganz sicher ersetzen die Sketchnotes keine strukturierte Diabetesschulung. Sie dienen lediglich der „Erste-Hilfe-Diabetesberatung“, z.B. im Krankenhaus oder in der Praxis. „Die schnelle Erfassung der Schulungsinhalte verbuchen die älteren Patienten als Erfolg und gehen die Behandlung dadurch sicherer und motivierter an“, berichtet Marlen Harms. Alle Patientinnen und Patienten erhalten von ihr zusätzlich zu den Sketchnotes Textmaterial, das sie und ihre Angehörigen in Ruhe durchlesen können. So kann das Gelernte weiter vertieft werden.
Unabhängig von Sprachkenntnissen
Mit Erfolg setzt die Diabetesberaterin die Sketchnotes auch bei Menschen mit fehlenden Deutschkenntnissen ein: „Sie übersetzen das Diabetesmanagement in Bilder, die unabhängig von der jeweiligen Sprache und Herkunft verstanden werden können. Das ist unglaublich wertvoll. Vor allem für Menschen, die erst seit Kurzem bei uns leben und nur ihre Heimatsprache sprechen.“ Für alle Sketchnotes hat Harms Anleitungen verfasst, damit auch andere Diabetesberaterinnen die Abbildungen für ihre Beratungsgespräche nutzen können. Wichtig sei, unterstreicht die Bad Essenerin, dass die Zeichnungen aktiv untermauert werden. Es gelte, die Handlungen wie etwa das Vorgehen beim Blutzuckermessen oder die richtige Anwendung des Insulins Schritt für Schritt mit den Betroffenen zu üben. Derzeit entwickelt Harms einen Anamnesefragebogen zum Thema Diabetes mit Sketchnotes. Dieser ist gerade auch dann hilfreich, wenn Flüchtlinge ohne Deutschkenntnisse nach Art und Dauer von Symptomen oder einer bereits im Heimatland erfolgten Behandlung befragt werden sollen.
Universell und praxisnah
Die „Individualisierten Sketchnotes als ‚Erste-Hilfe-Diabetesberatung‘“ werden mit dem SilverStar Förderpreis 2016 in der Kategorie Schulung ausgezeichnet. Der übertragbare Charakter des Projektes hat die Jury überzeugt. „Die Sketchnotes lassen sich bei älteren Menschen mit Diabetes einsetzen, sie helfen aber auch bei der Überwindung von Sprachbarrieren“, hebt Laudator Dr. Martin Lederle, Ahaus, hervor. Lobenswert sei besonders, dass das Projekt die Herausforderungen in Praxis und Klinik aufgreift, die durch die derzeitige Flüchtlingssituation entstehen. Vielen Menschen, die wenig oder gar kein Deutsch verstehen, können mit Hilfe der Sketchnotes die Grundlagen der Diabetestherapie anschaulich erklärt werden.
Das Preisgeld von 5.000 EUR soll unter anderem dafür verwendet werden, die graphische Umsetzung der Sketchnotes zu optimieren.
Ansprechpartnerin Projekt:
Marlen Harms
Tel.: 05472/949069
E-Mail: marlen.harms@web.de