Interdisziplinäre Diabetesbetreuung
Projektleiter: Prof. Dr. Stephan Martin, Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ), Düsseldorf
Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus stellen für behandelnde Ärzte im Krankenhaus eine besondere Herausforderung dar. Um eine optimale Behandlung zu ermöglichen, ist eine ganzheitliche Versorgung notwendig, die den Patienten mit seiner gesamten Krankengeschichte im Blick hat. Eine solch individuelle Diabetesbetreuung ist seit 2011 in den Krankenhäusern des Verbundes Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD) etabliert.
Erfolg durch Interdisziplinarität und Intersektoralität
Die Basis des innovativen Versorgungskonzeptes bildet die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Verantwortlich für den Austausch und die Koordination aller beteiligten Behandlungspartner sind die sogenannten Diabetesmanager: Eigens trainierte Krankenschwestern und -pfleger kümmern sich ausschließlich um stationär aufgenommene Diabetespatienten. Zudem steht das Diabetesteam in engem Austausch mit den behandelnden Stationsärzten, den Pflegekräften, aber auch mit Diabetologen und den zuständigen Hausärzten. „Dadurch können wir gewährleisten, dass einzelne Behandlungsschritte und Therapiemaßnahmen bestmöglich aufeinander abgestimmt sind und mögliche Komplikationen z. B. durch eine Komedikation verhindert werden“, erklärt Projektleiter Prof. Stephan Martin, Düsseldorf.
Unterstützung durch telediabetologisches System
Für einen reibungslosen Ablauf und ein unkompliziertes Zusammenarbeiten aller Akteure wurde ein telediabetologisches System (TeDia) in das Versorgungskonzept integriert. TeDia ist eine Art elektronische Fallakte, die für jeden Patienten mit bereits erkanntem oder vermutetem Diabetes angelegt wird. Patienten können auch über die Diabetesmedikation identifiziert werden, da der VKKD über ein zentrales System zur patientenbezogenen Medikamentenbestellung verfügt. Patienten mit noch nicht diagnostiziertem Diabetes identifiziert man über Blutglukosewerte im Aufnahmelabor.
Mit Hilfe von TeDia erfasst der Diabetesmanager strukturiert die diabetologische Anamnese und führt bestimmte Untersuchungen durch. Am PC-Arbeitsplatz wird TeDia zusätzlich mit dem Krankenhaus-Informations-System (KIS) synchronisiert. So werden die Patienten-relevanten Daten übernommen und neue Therapieempfehlungen auch mit KIS abgeglichen. Fehlende Laborparameter wie der HbA1c oder Nierenwerte können vom Diabetesmanager nachgefordert werden. Er bespricht alle Daten gemeinsam mit einem Diabetologen oder spezialisierten Internisten. Durch einen Online-Zugriff auf TeDia kann der Austausch auch telemedizinisch z. B. via Telefonkonferenz erfolgen. Der Diabetesmanager leitet die Therapieempfehlungen des Diabetologen an den Stationsarzt weiter.
Rundum-Betreuung für Diabetespatienten
Neben der Organisation der medizinischen Daten und deren Auswertung steht der Diabetesmanager in engem persönlichem Kontakt zum Patienten. Dadurch wird gewährleistet, dass diabetische Komplikationen wie chronische Wunden miterfasst und ebenfalls behandelt werden. „Die persönliche Betreuung wird bei Bedarf vom Diabetesteam durch Schulungen ergänzt, etwa wenn bei einem Patienten die Neudiagnose Diabetes gestellt wird“, berichtet Martin. In diesem Fall wird der Patient nach seinem Krankenhausaufenthalt in Absprache mit dem Hausarzt einem niedergelassenen Diabetologen vorgestellt.
Erfolgreicher Einsatz in den Kliniken
Von der interdisziplinären Diabetesbetreuung – inzwischen von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zertifiziert – haben in den vergangenen Jahren eine steigende Anzahl an Diabetespatienten profitieren können. Waren es zu Beginn im Jahr 2011 rund 400 Menschen, die stationär nach dem neuen Konzept betreut wurden, waren es alleine im Jahr 2016 über 6.000 Patienten. Das Versorgungskonzept bildet die Basis, um auch Patientengruppen mit weiteren chronischen Erkrankungen umfassend behandeln zu können. Denkbar und sinnvoll wäre der Einsatz beispielsweise auch bei einer chronischer Niereninsuffizienz oder Demenzerkrankung. Mit speziell entwickelten Screeninglisten können so weitere, noch nicht diagnostizierte Erkrankungen aufgedeckt werden.
„Der Einsatz von eigens ausgebildeten Diabetesmanagern bietet eine wertvolle und sinnvolle Unterstützung – für Patienten, Klinikpersonal und Hausärzte“, betont Jurymitglied PD Dr. Matthias Frank, Neunkirchen. Das Versorgungskonzept ermögliche eine Betreuung über alle Fachbereiche einer Klinik hinweg. Darüber hinaus lobt Frank die Beobachtung der Patienten nach weiteren chronischen Erkrankungen hinsichtlich der steigenden Multimorbidität bei älteren Patienten. Das Preisgeld von 10.000 EUR wird für die Anschaffung von Tablet-PCs verwendet. Diese erlauben nicht nur einen direkten Zugriff auf die Daten in TeDia am Patientenbett, sondern ermöglichen es dem Diabetesmanager oder den Stationsteams, z. B. Insulingaben direkt in die Fallakte einzutragen. Damit können Arbeitsabläufe weiter optimiert werden.
Ansprechpartner Projekt:
Prof. Dr. Stephan Martin
Tel.: 0211/566036070 bzw. 0152/08670974
E-Mail: stephan.martin@vkkd-kliniken.de